Donnerstag, 10. März 2011

Original und Kopie oder Geld macht schön

Herr Brondholz, Kunstliebhaber und Bildersammler, hat ein Schnäppchen gemacht und einen echten Van Gogh zu einem günstigen Preis erworben. ([1]) Vor dem Kauf hatte er einen Experten zu Rate gezogen, der das Werk nach ausgiebiger Untersuchung mit bloßem Auge und Lupe für echt erklärt hatte. Herr Brondholz hängt das Bild bei sich zuhause auf und läßt das Meisterwerk in seinen Mußestunden auf sich wirken.
Das heißt, nein, so was läßt die Versicherung nicht zu. Herr Brondholz läßt also eine Kopie machen, hängt diese in seinem Wohnzimmer auf und bewahrt das Original im Safe auf.
Ein Freund, der ihn besucht und dem er stolz den Van Gogh zeigt, berichtet ihm, er habe genau dieses Bild in einem Museum in Australien gesehen, dort schwöre man Stein und Bein, daß dies das Original sei. Schweren und bangen Herzens läßt Herr Brondholz also sein Bild im Labor überprüfen und tatsächlich, die Naturwissenschaft enthüllt, daß es sich bei seinem vermeintlichen Schnäppchen um eine verdammt gut gemachte Kopie, resp. Fälschung handelt.
Herr Brondholz ist enttäuscht. Daß der Geldanleger in ihm enttäuscht ist, ist leicht nachvollziehbar. Daß auch der Kunstfreund nun keine Freude mehr an dem Bild hat, ist dagegen äußerst bemerkenswert. Eigentlich sollte sich vom ästhetischen Standpunkt aus nichts geändert haben. Das Bild ist zwar kein Original, aber es ist auch vom Kenner mit bloßem Auge nicht vom Original zu unterscheiden, der künstlerische Eindruck, der von ihm ausgeht, ist exakt der gleiche, den auch das Original bietet.

Gehe ich recht in der Annahme, daß Kunstliebhaber, die das Original schätzen und die mit bloßem Auge nicht zu unterscheidende Kopie verärgert wegschieben, eigentlich keine Kunstliebhaber sind, sondern bloß Geldanleger?


[1]   Günstig heißt im Falle von Van Gogh, daß der Preis nicht gar zu unverschämt war.

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