Dienstag, 9. August 2011

Sigmund Freud in der Schweinebucht

Wenn ich mit arrogant-nachlässiger Bewegung den Begriff "Freudscher Versprecher" in den Raum werfe, so werden (fast) alle mit dem Kopf nicken und wissen, was ich damit meine. Früge ich allerdings tückisch nach, was denn nun also ein Freudscher Versprecher sei, so würden sich vermutlich etliche, gar viele auf ein diffuses "Öhm, das weiß doch jeder" zurückziehen.
Alsdann, damit alles klar ist, und zwar für alle, zitiere ich die Wikipedia. "Ein Freud’scher Versprecher (nach Sigmund Freud), auch Lapsus linguae genannt, ist eine sprachliche Fehlleistung, bei der ein eigentlicher Gedanke oder eine Intention des Sprechers unwillkürlich zu Tage tritt. Bei der Bewertung eines scheinbar sinnlosen Versprechers als einer Freud’schen Fehlleistung wird davon ausgegangen, dass in der Bedeutungsabweichung, die durch einen Versprecher entsteht, eine unbewusste Aussage zum Vorschein kommt. Es wird also nicht angenommen, dass solchen Versprechern eine einfache, (neuro-)physiologische oder auch assoziative Beeinflussung der Sprachproduktion zugrunde liegt, sondern behauptet, dass es vor allem eine psychische Ursache dafür gibt. Bei den Freud’schen Fehlleistungen würde somit anstelle des eigentlich Gemeinten etwas gesagt werden, das dem Gedachten ggf. sogar besser entspräche und in diesem Sinne interpretiert werden könnte."
Die Wikipedia ist so freundlich, mir den Weg zum Bücherregal zu ersparen und bringt ein Beispiel von Freud selber:
"Ein Mann erzählt von irgendwelchen Vorgängen, die er beanstandet, und setzt fort: Dann aber sind Tatsachen zum ‚Vorschwein‘ gekommen. Auf Anfrage bestätigt er, dass er diese Vorgänge als 'Schweinereien' bezeichnen wollte. 'Vorschein' und 'Schweinerei' haben zusammen das sonderbare 'Vorschwein' entstehen lassen."
Sigmund Freud, Zur Psychopathologie des Alltagslebens
Noch ein Beispiel von Freud, immer noch aus der Wikipedia [1]
"Freud führt in der Psychopathologie des Alltagslebens an: Der deutschnationale Abgeordnete Lattmann tritt 1908 im Reichstag für eine Ergebenheitsadresse an Wilhelm II. ein, und wenn man das tue, "so wollen wir das auch rückgratlos tun". Nach, laut Sitzungsprotokoll, minutenlanger stürmischer Heiterkeit erklärt der Redner, er habe natürlich rückhaltlos gemeint.
Und weiter:
Otto Rank führt im Zentralblatt für Psychoanalyse eine Stelle aus Shakespeares "Der Kaufmann von Venedig" an: Porzia ist es eigentlich durch ein Gelübde verboten, Bassanio ihre Liebe zu gestehen, sagt aber "Halb bin ich Euer, die andre Hälfte Euer - mein wollt ich sagen."
Der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble gab am 24. November 2008 bei der 3. Berliner Medienrede als Redner folgenden Kommentar von sich: "Und inzwischen eröffnen uns Computer und Internet ganz neue Austausch- und Informationskontrollen", gemeint war: Austausch- und Informationskanäle.

So, und vor diesem Hintergrund lese man sich folgenden Ausschnitt aus der FAZ von 1978 mal durch:
Invasion und Investition verschmelzen zur "Investion" und der Autor beschreibt mit diesem sinnlosen Wort sehr korrekt die ökonomischen Hintergründe der Landung in der Schweinebucht.

Abschließend sei's geseufzt: Ich kann nur hoffen, daß mir in diesem Beitrag kein Freudscher Verschreiber unterlaufen ist.


[1]   Ich bin penibel, ich weiß, aber ich laß mich doch hier nicht als Guttenberg beschimpfen.

2 Kommentare:

  1. Interessant!

    Was wollte dann wohl ein Kollege von mir zum Ausdruck bringen, als er von einem (und ich zitiere, lach) "unbeständigen und kühlen Wetterwix" sprach?

    Lg, Stefan

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  2. Tja, gute Frage. Lassen wir den Kollegen mal unanalysiert. Nö.

    Ciao
    Wolfram

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