Montag, 22. Juni 2015

Die Kunst und der Tod

Gegen den Tod hilft Kunst eh nicht. Auch wurscht.

Heute fahre ich mit meinem Sohn im Auto, also er fährt, ich hock daneben [1]. Er schaltet das Radio ein, ich sehe DKULTUR auf dem Display und frage, ob das Deutschlandradio Kultur sei. Hmnja, das sei es.
Ich höre den Namen "Theweleit" (damit muß man bei einem Kultursender rechnen), dann Motoraufjaul, nix mehr zu hören. Als der Motor wieder normal läuft, singt einer, hmpftata, tirallala, irgendwas mit Reaktionären und bösen Bossen. Das Übliche.
"Hört sich schwer nach Siebziger-Jahre-Protestsong an", meint mein Sohn (Jahrgang 1989) trocken und grinst. Ich nicke bedächtig, genau so kommt es mir (der ich noch die siebziger Jahre samt gleichnamiger Protestsongs live miterlebt habe) auch vor. Das klingt nach Franz Josef Degenhardt, nur sehr, sehr viel schlechter und dem Degenhardt seine Stimme ist es auch nicht.
"Das ist so gottserbärmlich beschissen und talentfrei", sage ich schließlich, "daß es schon wieder faszinierend ist." Kein Widerspruch von Seiten meines Sohnes.
Dann höre ich, das sei Walter Mossmann gewesen, der da gesungen habe und dieser Mossmann sei eben jetzt im Alter von 74 Jahren gestorben. Verdammt, verdammt, denke ich mir, hätte ich dies vorher gewußt, weil der Motor nicht aufgeheult hätte, dann hätte ich mir solch despektierliche Gedanken verboten.
De mortuis nil nisi bene - eh schon wissen [2]. Und der nächste, den's derlaibelt, bin vielleicht sowieso ich. Ach.


[1]        Früher war das umgekehrt, aber früher ist lange her.
[2]        Als ich noch der Waldbauernbub war, hab ich mich - unter anderem wegen dieses Spruches - oft gefragt, ob die Erwachsenen nicht allesamt verrückt sind. Wie lang, so fragte ich mich, muß eins tot sein, damit man über ihn schimpfen darf? Denn geschimpft wurde über Tote, auch und gerade von den Dumpfbeuteln, die gerne diesen und andere lateinische Sprüche absondern. Spontan fallen mir Hitler und Nero ein.

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