Freitag, 19. August 2016

Die Reventlow und meine Oma, die Emanze

Meine Oma war bereits als alte Jungfer verschrien, als sie endlich doch geheiratet hat, mit 25 Jahren. Sie war als Dienstmädchen in Wien tätig gewesen, damals, als noch in Schönbrunn der Kaiser Franz Joseph I. eine Weltmacht regierte.
Sie hat diesen Job - damals kannte man dies Wort im deutschsprachigen Raum noch nicht - angenommen, um so viel Geld zu sparen, daß sie damit in Wien einen Milchladen eröffnen konnte. Ihr Auserwählter, mein Opa also, war Berufssoldat, Unteroffizier in der k.u.k.-Armee. Damals war es noch so, daß ein Soldat, der heiraten wollte, dem Kaiser eine Ablösesumme zahlen mußte. Anders als heute beim Fußball wechselte der abgelöste Soldat nicht vom FC Austria zur Spvgg Germania, der abgelöste Soldat erwarb damit nur das Recht, trotz Heirat weiter Soldat bleiben zu dürfen. Der österreichische Kaiser war so seriös wie ein Hütchenspieler.
Wie auch immer, mein Opa hätte diese Summe nicht aufbringen können, so daß meine Oma ihren Traum vom Milchladen dahingab und stattdessen mit dem Geld meinen Opa loskaufte, man könnte auch knallhart sagen: kaufte.
Eine emanzipierte Powerfrau der Sonderklasse, der gegenüber die oft genannte und viel gepriesene Franziska Gräfin zu Reventlow ein matter Abklatsch war. Die "Königin der Freien Liebe" hat irgend ein Narr sie genannt. Irgend jemanden ein bisserl seinen Schwanz in ihre Möse stecken zu lassen... was ist das schon? Jedes blöde Weibsstück, das von nix was versteht, tut das auch. Was hat die Reventlow hinterlassen? Ein kleines bisserl Literatur, das längst vergessen wäre, wären da nicht ihre Amuhren. ([1])
Meine Oma dagegen... Sie hat immerhin mich hinterlassen.
Ja, leck mich doch am Arsch! Wenn das nix is, dann is nix was.



[1]   Ich mein, ihre Texte sind auch so längst vergessen.

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