Dienstag, 14. Mai 2024

Semi-Palatinsk

Früher, als ich noch ein Konto - was red ich: einen Account - bei Facebook hatte, konnte jeder andere Facebook-Nutzer sehen, daß ich in Semipalatinsk wohne.

Den Wohnort Semipalatinsk habe ich gewählt, weil ich seit der Kindheit schon Palatschinken liebe, unerachtet es sich in vielen Fällen um ganz normale Pfannkuchen [1] handelt. So gesehen sind es meist nur Palatschinken im halberten Sinne, also Semi-Palatschinken. In der Stadt Semipalatinsk ist eine Wohnung noch schwerer zu bekommen als in München, einen Wohngeldanspruch habe ich in Kasachstan sowieso nicht, also habe ich auf dem ehemaligen Nukleartestgelände die Hütte meines Glücks errichtet.

Simbirsk [2], die Stadt der Sieben Biere und der Geburtsort von Wladimir Iljitsch Uljanow [3], hätte sich auch als Wohnsitz angeboten, aber ich mag Bier nicht sonderlich, hab's noch nie sonderlich gemocht, außer an ganz heißen Sommertagen und/oder nach wirklich harter körperlicher Arbeit. Bier und Wein, sag ich immer, ist Alkohol für Frauen und Kinder, Männer trinken Schnaps oder Mineralwasser.

 


[1]   Der Norddeutsche tut sich mit Sprechen generell etwas schwer, was Wunder, daß er auch das "Pf" nicht hinbekommt und sich deshalb mit "Fannkuchen" behilft. Der Berliner sagt zu Fannkuchen Eierkuchen, damit keiner merkt, daß er kein "pf" sagen kann, Fannkuchen sind beim Berliner - so wirr im Hirn ist der Brandenburger - Krapfen.

[2]   Damit das Leben nicht gar so einfach und die Welt nicht gar so überschaubar ist, hat man Simbirsk seit 1924 Uljanowsk genannt, so wie man es mit Mumbai (Bombay), Sri Lanka (Ceylon) oder Bayern (Baiern) gemacht hat. Semipalatinsk heißt heute übrigens Semei, damit man's nicht so merkt, daß es hier mal ein Atom gab. 

[3]   Uljanow hat es unter seinem Künstlernamen Lenin zu einer gewissen Bekanntheit gebracht. Daß man seinen Heimatort nicht Leningrad genannt hat, lag daran, daß es in der Nähe von St. Petersburg bereits ein Leningrad gab.

Montag, 13. Mai 2024

Gravitationstoilette

Selbst Gebildete - nein: vor allem Gebildete - glauben bis heute, daß die Gravitationstoilette eine Erfindung von Isaac Newton wäre, während sie in Wirklichkeit bereits im Frühen Mittelalter unter dem Namen Plumpsklo urkundlich erwähnt wird.

Mittwoch, 8. Mai 2024

Ein verschissener Tag

Das Neue Jahr war da und in München hatte ein neuer Kurs begonnen. Der Alex-Zug Prag-München ist mit nur fünfminütiger Verspätung im Bahnhof Regensburg eingetroffen, das ist eine sensationell geringfügige Verspätung für den Alex von Prag nach München. Das Jahr fängt wirklich gut an, allerdings war der Zug ritzeratze-kitzekatze-voll, was kein so guter Jahresanfang war. "Ihr könnt's mich alle mal am Arm kitzeln" sagte ich bei mir, "dann fahr ich halt mit dem Flughafen-Express auf einem anderen Gleis". Am Flughafen Franz Josef Strauß stand bereits die S-Bahn S 8, allerdings stand diesmal nicht wie gewohnt "Herrsching" als Ziel drauf sondern "Ismaning". Wieso Ismaning und wo genau liegt eigentlich Ismaning? Ich steige ein, denn ich will eh nicht bis nach Herrsching, sondern nur bis zum Marienplatz. Ismaning ist aber nur zwei (oder drei?) Stationen weiter. In Ismaning stehen schon Busse als Schienenersatzverkehr bereit, der Bus bringt mich zum Ostbahnhof, allerdings zur Rückseite, so daß ich mich erstmal orientieren muß. Jetzt zum Marienplatz, U3 bis Aidenbachstraße, dann mit dem 53er Bus bis Zielstattstraße. Und dann komme ich so grad, grad noch pünktlich zum Kursort, wohin ich es eigentlich hätte locker schaffen müssen.

Bei der Rückkehr in Regensburg merke ich, daß ich kacken muß. Macht nichts, denke ich mir, es gibt am Bahnhof ja eine Toilette. Mit letzter Kraft schleppe ich mich hin, es ist kurz nach 22.00 h und die Sanifair-Toilette ist bereits zu. Meine Widerstandskraft bricht zusammen und ich scheiße mir voll Rohr in die Windel. Heim mit dem Taxi und dann alles so schnell wie möglich vergessen.

Ein Vierteljahr später, als ich wieder einmal von München heimgekehrt bin, ist mir das eben Geschilderte noch einmal passiert, nur diesmal eine Stunde früher. Ich sitze im Zug und nix is. Ich stehe auf, um auszusteigen und kurze Zeit später merke ich, daß ich kacken muß. Ich geh zum Sanifair-Klo und finde es verschlossen. Um ca. halb zehn Uhr abends!

Früher - es ist gar nicht so lang her - konntest du noch beim Burger-King im Hauptbahnhof pieseln oder kacken, für fuffßich Fennje, man stelle sich vor. "Dit is beinah jeschenkt."

Früher, also noch früher gab's in Regensburg, wie auf allen (?) Bahnhöfen, schlicht ein Klo, das war zwar kein Fäkalpalast, aber immerhin kostenlos. Aber seit das Kacken und das Brunzen als Geschäftsmodell entdeckt wurde und der Markt alles regelt, sind schon viele Hosen und Höschen verschissen und verbrunzt worden.

Dienstag, 7. Mai 2024

Ein Geisterzug

Nach dem Kurs in München habe ich keine Chance mehr, den 19:44h-Zug nach Regensburg noch zu erwischen. Der nächste Zug fährt 20:43 h, das ist zwar ärgerlich, aber damit kann man klarkommen. Als ich die Bahnhofshalle durchquere sehe ich, daß heute fast alle Züge der nächsten 2 Stunden auf einem je anderen Gleis wegfahren als sonst. Ärgerlich, aber mei.

Bei Gleis 26 endlich angekommen lese ich, daß der 20:43h-Zug heute ausfallen würde, das heißt ich komme - wie das schon etliche Male in letzter Zeit geschehen ist - erst mit dem Zug um 21:44 h aus München raus. Mift.

Als ich sah, daß auf dem übernächsten Gleis der Zug nach Passau stand, der in 20 oder 25 Minuten abfahren sollte, hatte ich einen fast genialen Einfall: Ich steige in diesen Zug ein und in Landshut wieder aus, vielleicht erwische ich dort den Flughafen-Expreß, der ja ebenfalls über Freising nach Regensburg fährt und erspare mir damit eine halbe Stunde Warten. Kaum umgestiegen hatte ich einen noch genialeren Einfall: Ich steige bereits in Freising aus, denn der Flughafen-Expreß nach Regensburg muß ja auch durch Freising, so daß ich mich schon ab Freising nicht mehr um's Umsteigen kümmern muß. Auf dem Bahnsteig sehe ich, daß der Flughafen-Expreß in 20 bis 30 Minuten kommen wird, ich hatte also recht getan. Dann sehe ich auf einem Gleis rechts außen (in Fahrtrichtung Regensburg gesehen), dort wo es keinen Bahnsteig mehr gibt, den Alex-Zug ganz langsam einfahren. Ich kann mir seine Anwesenheit nicht erklären und kratze mich am Kopf statt nachzudenken. Als ich wieder auf die Anzeigetafel blicke, sehe ich, daß in 10 Minuten der Alex-Zug nach Hof (über Regensburg) abfahren wird. Dann fährt er auch schon ein, der Alex. Pünktlich, denn es ist genau der Zug, von dem es auf der Schrifttafel in München  Hbf. geheißen hatte, er falle heute aus. Nicht verwunderlich, daß in diesem Zug - der im übrigen pünktlich in Regensburg angekommen ist - kaum Passagiere waren, wesentlich weniger jedenfalls, als man das sonst gewöhnt ist. Es war ja auch ein Geisterzug, von dem wegen der bahninternen Geheimhaltung kein Bahnkunde wissen konnte.

Das Pendeln des Gleises am Bahnsteig

Gestern in München gewesen. Der Zug nach München soll um zehn Uhr irgendwann von Gleis 1 losfahren, mit einer Minute Verspätung. Um kurz vor irgendwann kommt ein Zug mit nur zwei Waggons - viel zu wenig für den Zug nach München - auf Gleis 1 eingefahren. "Bitte nicht einsteigen" steht auf dem Zug, das regt mich nicht auf, so was steht öfter auf einem Zug oder Bus und ist ganz häufig eine falsche Information. Der Lokführer lehnt sich aus dem offenen Fenster der Lok und teilt uns mit, der Zug nach München komme gleich nach seinem Zug, er fahre seinen Zug nur noch zur Abstellung. Der Lokführer hat eine ganz klar weibliche Stimme, weibliche Gesichtszüge und einen prächtigen Vollbart. Ich schwöre bei Gott und seinem Kumpel, dem Teufel, daß ich die Details der Lokführerin nicht erfunden habe, es wäre auch viel zu plump, höchstens ein Gagschreiber für einen Privatsender würde sich dergleichen ausdenken trauen.

Wie auch immer, einige Minuten später kommt die Lokführerin wieder (diesmal zu Fuß) und teilt uns mit, daß der Zug nach München heute von Gleis 4 wegfahre. Wir Passagiere fluchen und schreien, alle eilen die Treppe hoch, um über die Fußgängerbrücke zum Gleis 4 zu gelangen. Ich bin ein fauler Hund und alter Mensch und benutze den Lift, das dauert und als ich die Treppe zu Gleis 4 hinuntergehe kommen mir erstaunlich viele Menschen entgegen. Als ich endlich unten bin, sagen mir die dort verbliebenen Menschen, daß der Zug nach München doch von Gleis 1 wegfahre. Ich eile die Treppe wieder hoch, zurück zu Gleis 1. Dort angekommen stelle ich fest, daß der Zug eben grad weggefahren ist, ohne mich. Ich schluchze trocken auf und verfluche die Deutsche Bahn und ihre Mitarbeiter bis in dritte Glied. Ein verantwortlicher Leitender Angestellte der japanischen Bahngesellschaft, kläre ich einen Umstehenden, der es gar nicht hören will auf, hätte hier vor Ort mit dem rituellen Seppuku-Schwert seine Eingeweide auf den Bahnsteig quellen lassen, weil er die unermeßliche Schande nicht ertragen hätte.

Beauty Weeks beim Oberpollinger in der Neuhauserstraße

Beim Oberpollinger am Stachus in München sind zur Zeit die Beauty Weeks. Wahrscheinlich bin ich nur reaktionär, aber wenn ich so greislich ausschauen täterte wie der arme Latex-Mensch auf dem Plakat, würd vermutlich selbst ich das Schönheitsangebot vom Oberpol­lin­ger wahrnehmen.

Sonntag, 5. Mai 2024

Das veraltete Formular

Vor wenigen Tagen erreichte mich eine E-Mail von Frau F. aus der Hauptstadt: "Lieber Herr H., danke für die Erstellung und Übersendung des Auditprotokolls (...). Leider haben Sie eine alte Vorlage benutzt. Diese nimmt uns die Behörde nicht ab. Bitte übertragen Sie zeitnah die Daten in das angehängte aktuelle Protokollformular und unterschreiben das Ganze."

Dazu muß man wissen, daß ich das monierte Auditformular aus Berlin selber habe. Ich schaue nach, worin der Unterschied zwischen der alten und der neuen Vorlage besteht und finde nichts. Fast nichts, denn ganz unten steht ganz klein geschrieben: "V.8" auf meinem Formular und "V.9" auf dem übersandten neuen Formular.

So viel zum Thema "Dipferlscheißerei".

Der prinzipientreue Busfahrer

Und wieder war ein Kurs in München. Um halb zehn Uhr abends erwische ich in Regensburg noch den 8er-Bus und kann mir dadurch das Taxigeld (16,00 , immerhin) sparen. Ich habe sogar meinen Lieblingsplatz be­kom­men, schräg rechts hinter dem Busfahrer, von wo aus ich die Straße vor uns überblicken und dem Busfahrer telepathische Anweisungen geben kann. Der Bus kommt an eine Haltestelle, eine ältere Dame (vielleicht so alt wie ich, also schon ziemlich alt und nicht mehr so ganz sicher auf den Beinen) kommt von weiter hinten und will vorne aus dem Bus aussteigen.

Ich habe den Kopfhörer auf den Ohren, höre mir gerade irgendeinen Podcast über irgendein Thema an und kann deshalb den Dialog Dame-Busfahrer nur eingeschränkt verfolgen. Was ich mitbekomme ist, daß der Busfahrer der Dame die Tür nicht öffnet. Er deutet mit dem Finger auf den Platz über der Tür, dorthin wo früher mal stand "Kein Ausstieg", heute nicht mehr. Ich schaue hin und glaube es kaum... in diesem Bus klebt das blaue Schild immer noch. Vorne ist tatsächlich kein Ausstieg und der Busfahrer öffnet die Tür nicht. Die alte Dame muß - relativ μsam - durch den halben Bus zurückgehen und in der Mitte aussteigen.

Jetzt platzt mir der Kragen. "So was Engstirniges!" poltere ich los, "So was Kleingeistig-Spießiges! Prinzipienreiterei!" Und dann kommt die ultimative Beleidigung, die man sich nur ausdenken kann: "So was Deutsches!" Der Witz an der Sache ist nämlich, daß der Busfahrer, ein junger Mensch von vielleicht 30 Jahren, arabischer Herkunft zu sein scheint, und zwar ein Bilderbucharaber wie aus den Kara-Ben-Nemsi-Geschichten von Karl May.

Ob nicht, so frage ich mich, unser Bestreben, Ausländer in unsere Leitkultur zu integrieren, fehlgeleiteter Ehrgeiz ist? Irgendwann haben wir dann nämlich aus Arabern Deutsche gemacht und dann haben wir den Salat. Und aus dem durchaus bedenkenswerten Konzept der Umvolkung wird dann natürlich erst recht nichts.

Dienstag, 30. April 2024

Flacherdler sind wie Gott

Alle sprechen über Flacherdler, aber noch nie hat jemand einen Flacherdler gesehen. Zumindest ich habe noch einen Flacherdler gesehen oder etwas gelesen oder gehört, das von einem Flacherdler selbst formuliert worden wäre. Gleiches gilt für alle meine näheren oder ferneren Bekannten inklusive meiner Internetbekanntschaften. Noch nicht mal auf "Fisch und Fleisch", wo bekanntermaßen die irrsten und wirrsten Gedanken formuliert werden, bin ich auf einen Fischerdler gestoßen. Und dabei hätte ich so gerne einmal mit einem Fleischerdler diskutiert.

Es sei noch angemerkt, daß ich eine ähnlich enge Verknüpfung von "jeder spricht darüber" und "keiner weiß was" ansonsten nur von Gott kenne.